Mittwoch, 27. April 2005

Vorgeschichte - Wie alles begann

Um Euch alle gebührend auf das Experiment einzustimmen, möchte ich berichten, wie ich eigentlich an meinen BJ42 gekommen bin. Das ist eine lange Geschichte. Ich versuche, mich kurz zu fassen.


Memphis, Tennessee, USA, 1990

Während der Schulzeit war ich für ein Jahr als Austauschschüler in den USA. Austauschschüler sein heißt zwar eine Menge Spaß haben, es heißt aber auch: Alle haben ein Auto, nur du nicht. Und besonders fielen mir diejenigen auf, die in ihren schwarzen Wrangler-Jeeps ohne Verdeck und ohne Türen durch die Gegend heizten.

"So einen will ich auch mal haben" - dachte ich - und der Gedanke blieb hängen...



Die Jahre gingen ins Land, und mein Interesse an amerikanischen Autos nahm ab. Der Traum vom Besitz eines Jeep-Geländewagens verflüchtigte sich langsam aber sicher.


Tokyo, Japan, 1998

1998 verbrachte ich ein knappes Jahr in Tokyo in Japan und hatte dort unter anderem auch Berührungspunkte zur japanischen Automobilindustrie.

Lean Production, Kaizen, Total Quality Management und die ganzen anderen inzwischen importierten Begriffe bezeichneten eigentlich nichts weiter als eine Philosophie höchster Qualitätsansprüche und bester Arbeitsorganisation, die sich in Japan auf Basis eines ganz gesunden Pragmatismus entwickelt hat.

Nun denn, dachte ich mir. So schlecht können japanische Autos gar nicht sein. Von Gedanken an einen Landcruiser (was ist ein Landcruiser?) konnte zu dem Zeitpunkt keine Rede sein.


Bali / Lombok, Indonesien, 2002

Ein paar Jahre später machte ich einen traumhaft schönen Urlaub im noch traumhaft schöneren Bali und dachte dort irgendwann: "Was fahren denn hier eigentlich für geile Karren rum."

Beim genauen Hinsehen sah ich, dass es sich dabei um alte Toyota-Landcruiser handelte und war Feuer und Flamme. So einen muss ich haben. Der Traum war wieder da.

Tatsächlich fahren auf Bali unmengen BJ's und FJ's durch die Gegend:




Nun denn: Ein paar Monate nach meiner Rückkehr aus Bali wühlte ich mich im Internet durch die gängigen Automobil- und 4x4 Websites und fand ein Exemplar, was mir besonders zusagte. Fahrbar mit TÜV und ASU aber ansonsten ziemlich runtergewirtschaftet. Der sollte es sein.

Nach einer durchzechten Freitagnacht fuhr ich mit einem Kumpel spontan quer durch Deutschland zum Anbieter des Wagens und war abends stolzer Besitzer einer echten Rumpelkiste vom Typ Landcruiser BJ42, Baujahr 1985.

Und das ist er:




Kennenlernphase

Mit Erwerb des Wagens fing der Spaß an. Der Vorbesitzer war ein recht kreativer Kollege und schien das Ziel gehabt zu haben möglichst viele Teile am Wagen durch Nicht-Originalteile zu ersetzen, oder einfach auf sie zu verzichten und auch an anderen Stellen für Probleme kreative Lösungen zu finden.

So gab es am Wagen keine Türgriffe, der Auspuff kam von einem LKW vom Schrottplatz (und war schrottreif), das Zündschloss saß im Amaturenbrett und nicht in der Lenksäule und die gesamte Elektrik wirkte wie ein Fadenknäuel in einem Rätselheft.

Nach ein paar Monaten dachte ich mir, dass man an der einen oder anderen Stelle mal Hand anlegen könnte, um Dinge wieder in einen ursprünglicheren Zustand zu versetzen. So begann ich damit, mich mit dem Wagen auseinanderzusetzen und machte nach und nach ein Fass nach dem anderem auf. Jedes Problem was ich anpackte förderte (mitunter auch aufgrund meiner Fehler) weitere Dinge zu Tage.

Im Laufe der Zeit bekam der Wagen einen neuen Auspuff, neue Rücklichter, diverse neue Sicherungen, Türgriffe, Sonnenschutzblenden ein neues Zündschloss, Scheibenwischerblätter...

Bei den Arbeiten an der Elektrik habe ich ungefär 20 Meter Kabel - vom Vorbesitzer fantasievoll und teilweise sinnlos querbeet durch den Wagen verlegt - aus der Karre rausgeholt. Ein Gutes hatte es. Inzwischen kenne ich die Schaltpäne aus dem Eff Eff und weiß auch, wie man mit einem Spannungsmesser umgeht. Das ist doch schon mal was.

Irgendwann stellte sich heraus, dass im Zylinderkopf ein Gewinde für eine Glühkerze fehlte. Da pfiff es fröhlich raus beim Anlassen. Wat nu? Habe mit einem Kumpel den Motor halb auseinandergeschraubt, um beim Motorenbauer ein neues Gewinde einsetzen zu lassen.


Moliets, Atlantikküste, Frankreich 2003

Meine letzte große Unternehmung mit dem Wagen war eine Fahrt nach Frankreich an die Atlantikküste zum Surfen.

Nachdem ich dort ankam, war ich erstmal froh, wie gut der Wagen das überstanden hatte, wunderte mich aber über ein flirrendes Geräusch aus dem Motorraum. Es war die Schraube von der Halterung der Lichtmaschine. Die Schraube war noch da. Die Halterung war weg.

Geistesgegenwärtig hatte ich vor der Abfahrt noch eine Hand voll Kabelverbinder eingepackt. Die und ein Loch in der Batteriehalterung wurden dann die neue Halterung.



Nach meiner Frankreichreise musste ich aus Berufsgründen umziehen und hatte mehrere Monate zwar den Willen, aber weder Zeit noch Platz, am Wagen zu arbeiten. Gevatter Rost gesellte sich zu meinem BJ und TÜV und ASU liefen aus.

Vor anderthalb Jahren parkte ich den Wagen in der Garage eines Freundes und dann war erstmal Funkstille. 700 Kilometer trennten mich und den Wagen, und es war nicht abzusehen, wie und wo ich hier in der Stadt die Möglichkeit finden könnte ihn zur Überarbeitung unterzustellen. Bis jetzt.


Irgendwo in Deutschland, 2005


Seit Anfang April bin ich stolzer Besitzer einer 35-Quadratmeter-Garage gleich bei mir um die Ecke. In direkter Nachbarschaft zu dieser Location gibt es Schlosser, Sandstrahler, Lackierbetriebe und auch Kfz-Betriebe.

Optimale Bedingungen - dachte ich mir - für ein Experiment: Schaffe ich es, den Wagen komplett auseinanderzunehmen und dann komplett restauriert wieder zusammenzusetzen? Warum nicht, dachte ich mir. Einiges muss ohnehin gemacht werden, warum dann nicht gleich ordentlich.

Einziger Wehrmutstropfen: Ich habe keine Ahnung was ich mir da aufbürde. Aber dass ist eigentlich der Spaß an der Sache: Das ist das Experiment.

Jetzt steht der Wagen erstmal hier in meiner Garage und wartet auf den Beginn der Arbeiten. Wie es weitergeht werden wir sehen:

Gebe ich frühzeitig auf und stelle den Wagen in Einzelteilen bei Ebay ein?

Miete ich eine weitere Garage? Oder eine der leerstehenden Hallen auf dem Gelände meiner Garage...?

Bekomme ich Hilfe aus der Umgebung oder aus den Tiefen des Internets?

Wie wird es weitergehen? Keiner weiß es. Ich weiß es auch nicht. Aber genau das ist das Experiment.

Let it flow!!!


Das Experiment beginnt am 1. Juni 2005.


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