Tag 201: Havarie
Und ich verzagte nicht. Und lächelte. Und war froh.
Und es kam schlimmer.
Der Keller steht unter Wasser.
Das kann ja wohl echt nicht wahr sein! Als hätte man nicht schon genug um die Ohren. Letzte Woche gehe ich abends nach unten, um das Kinder-Reisebett (was sich zum Glück gar nicht im Keller befand) zu holen.
Und dann das hier.
Hinten im Keller verläuft ein undichtes Regen-Abflussrohr. Das war wohl den Wassermassen der letzten Wochen nicht gewachsen und hat meinen sowie die beiden Keller rechts und links davon schön in ein rund drei Zentimeter tiefes übelst stinkendes Schwimmbad verwandelt.
Drei Tage habe ich gebraucht, bis ich mich aufgerafft habe, mir die Sache dann mal genauer anzusehen und die Entmüllungsarbeiten einzuleiten. Richtig viel Zeug ist zum Glück nicht zu Schaden gekommen, da ich das meiste auf Stühlen und Tischen gestapelt oder in Regalen eingelagert hatte.
Aber nervig war's trotzdem.
Da ich keine Gummistiefel besitze, musste ich mir für die Aufräumarbeiten schnell welche basteln.
Das könnte doch die neue Mode werden, oder????
Alles aber keine Entschuldigung, noch eine weitere Woche mit den Arbeiten am Cruiser zu pausieren. Auch wenn mir die letzten Wochen eher nach pausieren, als nach Arbeiten war...
Aber dank Heiko (einige von Euch kennen ihn sicherlich aus dem Opel 4x4 Forum, wo er derzeit seinen Isuzu Campo Umbau dokumentiert) habe ich wieder neue Motivationsenergie getankt und hab jetzt wieder richtig Bock, weiter zu machen.
Hängen geblieben waren wir an den per Schweißgerät aufgebauten vorderen hinteren Augen der Federaufnahmen.
So wie ich es gemacht hatte, ist es hier absolut NICHT durch die Abnahme gekommen. Also müssen die alten Aufnahmen runter und neue rein, bzw. das relevante Teil muss ich nachfertigen lassen und dann entsprechend einbauen.
Bevor wir los legen kommt der Rahmen aber erstmal an die frische Luft.
Und hier ist das Federauge, um das es geht.
Nun ja...
Da will ich ja mal ganz ehrlich sein.
Es geht auch um das Federauge auf der anderen Seite. Dort war auch schon ein Stück ausgeschliffen und ich hatte mir gedacht, dass ich das ausgeschliffene Stück schnell mit ner Schweißraupe überziehen könnte.
Dabei habe ich mir erstmal ein dickes Loch in den heilen Teil gebraten, sodass ich hier letztendlich die gleiche Situation hatte, wie auf der anderen Seite.
Kurz: Beide Aufnahmen müssen ausgetaucht werden.
Ja. Lacht nur. ;-)
Mit Heiko habe ich in letzter Zeit häufig telefoniert. Er hat selber gerade ne heftige Plackerei hinter sich, da er seinen Campo um einige Meter verlängert und dazu einige Zeit aufs heftigste mit seinem Rahmen gekämpft hat.
Als Ferndiagnose hatte er mir geraten, eine Rahmenlehre zu bauen, um genau festzuhalten, in welcher Position die Federaufnahme heute sitzt, um dann die neue entsprechend zu justieren.
Beim Ortstermin am Freitag hier vor Ort hat er dann aber – sehr zu meiner Freude - fest gestellt, dass ich gar keine Rahmenlehre brauche, da die Federaufnahmen sich durch die Niete quasi von selbst justieren.
Als müssen lediglich die Nieten raus, eine neue Aufnahme her. Die muss angeschraubt werden, mit ordentlich zugfesten Schrauben, und fertich.
Oder aber, falls ich die Aufnahme nirgends als Neu- oder Gebrauchtteil bekomme, muss ich das Teil mit dem kaputten Auge irgendwo nachfertigen lassen. Dürfte wohl keine zu aufwändige Aktion werden. 5 Millimeter Stahlstück, mit Wasser, Laser oder Plasmaschneider zurechtgeschnitten, im richtigen Winkel abgekantet und dann noch das große und das kleine Loch rein.
Werde diese Woche gleich mal checken, was die Dinger bei Toyota kosten, falls es die noch als Neuteile gibt... Dann kann man immer noch die klassische "Make or buy"-Entscheidung treffen.
Was nun aber das Entfernen der Federaufnahmen, bzw. das Entfernen der Niete angeht, möchte ich nicht wieder so brachial mit der Flex vorgehen, wie bei den hinteren Traversen. Dort habe ich mir an diversen Stellen einfach zu viele Macken ins Material geflext.
Heiko empfiehlt mir dazu die "softe" – wenn auch langsamere – Methode.
Dazu braucht es:
Bohrmaschine
Kleiner Bohrer (ca. 3mm)
Größerer Bohrer (6mm)
Großer Bohrer (10mm)
Schneidöl zum Kühlen (Heiko meint, Bremsreiniger kühlt noch besser, also nehmen wir den. Schneidöl hab ich ohnehin keins mehr).
Hammer
Splintentreiber
Körner
Geduld, ruhige Hände etc.
Beim ersten Niet hat mir Heiko-sensei vorgemacht, wie der Bohrer anzusetzen ist, mit welchen Umdrehungen gebohrt wird, wie viel Druck man auf die Bohrmaschine ausübt, etc.
Muss schon sagen, dass es ungemein hilfreich ist, wenn man die Sachen, die man überall liest oder am Telefon erklärt bekommt, dann auch mal richtig gezeigt bekommt.
Dass man beim Stahlbohren die Bohrmaschine nicht auf volle Kanne laufen lässt, und dass Bohrer heiß werden und schnell abstumpfen, das wusste ich zwar schon alles. Aber es ist halt noch immer etwas anderes, wenn man seinen eigenen Modus findet und dann das Ganze nochmal von jemandem gezeigt bekommt, der schon ein paar Jahre mehr an Erfahrung auf dem Buckel hat.
Nach dem Lehr-Durchgang bin ich an der Reihe.
Erstmal den Niet schön mittig vorkörnen, um eine gute Ansatzstelle für den ersten Bohrdurchgang zu haben.
Dann den kleinen Bohrer hervorkramen und in die Maschine einspannen.
Und los geht's. So lange die Bohrer richtig schön scharf sind, braucht man gar nicht viel Druck und nur eine wirklich geringe (lahme) Drehzahl. Der Bohrer schält sich so richtig schön in den Niet ein.
Gleich danach der zweite Durchgang mit dem 6er Bohrer.
Beides jeweils nur so tief, dass das Loch bis knapp unter den am Rahmen anliegenden Nietkopfrand reicht.
Jetzt kommt der 10er Bohrer hinterher (wobei wir heute noch über einen 9er Zwischenschritt gegangen sind).
So. Der erste Teil ist abgeschlossen.
Jetzt kann man den Nietkopf mit Hammer und Meißel abschlagen.
Und zwar so:
Damit wäre der erste Teil erledigt.
Jetzt beginnt das Spiel aber nochmal aufs Neue.
Erst der kleine Bohrer, dann der nächstgrößere und dann der große.
Heiko war sichtlich erfreut, als er in meinem Bohrerfundus einen gelbgrün schimmernden Bohrer gefunden hat, der die Aufschrift HSSCo trägt. Bei dem Co handelt es sich um eine Beschichtung aus Kobalt. Müsste mal in meinem nicht vorhandenen Chemiewissen kramen. Kobalt scheint mir ne ordentliche Ecke härter zu sein als Stahl.
Und so schneidet dieser Bohrer auch tatsächlich hervorragend!!!
Man sieht es an den langen Spiralspänen, die der Bohrer so mirnichtsdirnichts aus dem Loch hervorschält.
Vor einiger Zeit war mal in der Oldtimer Markt oder in der Oldtimer Praxis ein Bohrertest. Kann die Ausgabe in meinem Chaos leider nicht mehr finden. Aber wenn ich mich recht erinnere hat da der billigste Bohrer mit am besten abgeschnitten. Weiss jemand von Euch noch, um welche Bohrer es da ging??? Auch wenn das jetzt keine Kobalt-Beschichteten waren, würde ich mir gerne ein paar davon auf Halde legen. Denn Kobalt hin oder Kobalt her. Selbst Kobalt-Bohrer werden nach ein paar Nieten mal stumpf und zu den billigsten gehören die, wie ich am Samstag dann erfahren habe, doch eher nicht...
Wie dem auch sei. Das Loch ist breit und tief genug, um jetzt mit dem Splintentreiber anzusetzen.
Fünf bis zehn kräftige Hammerschläge und der Niet ist raus.
Sehen tatsächlich aus, wie Copkiller-Munition, die Dinger. Meine Herren, saßen die fest drin...
Ja. Und mit der Nummer habe ich dann meinen Samstagnachmittag verbracht.
Beim Herausschlagen des (letzten) mittleren Nietes der einen Aufnahme bin ich dann aber wohl doch zu brachial vorgegangen.
Irgendwann gab der Niet zwar nach aber irgendwie anders als die anderen....
Hoppala!
Und Zack! haben wir die nächste Baustelle.
Mit dem Stemmeisen hab ich die Situation gleich zwar schon ein bisschen entschärft, aber ich denke, hier werde ich noch ein paar Minuten mit Richtarbeiten verbringen.
Aua!
Tipps sind willkommen!!!
Ob ich die jeweils zwei weiteren Halterungsniete an den äußeren Seiten der Federaufnahmen auch entferne hängt jetzt noch davon ab, ob ich die Aufnahme als Komplettteil nachkaufen kann. Wenn nicht bleiben die Niete dran und ich flexe den angeschweißten oberen Teil vorsichtig von der unteren Halterung ab.
Mal schaun. Was meint Ihr?
So. Jetzt aber noch was zum sich an den Kopf fassen.
Vorletzte Woche hatte ich hier enorm darüber abgekotzt, dass ich die Bremsleitungen zum Verrecken nicht gerade bekomme, um sie dann entsprechend in die Bördelbacken und in die Bördelmaschine zu bekommen.
Dieser drittel Millimeter war der Störenfried, der dafür gesorgt hat, dass ich die Backen einfach nicht in die Aussparung einschieben konnte. Egal was ich versucht habe. Es hat einfach nicht funktioniert.
Und jetzt zeige ich Euch, wo der Fehler war....
Wer weiss es???
Heiko und ich haben fast auf dem Boden gelegen, als uns das irgendwann nach weiteren Versuchen aufgefallen ist...
Aua. Wie peinlich.
Aber Ihr hättet ja auch ruhig mal was sagen können.
Oder habt Ihr es etwa AUCH NICHT gesehen....???? ;-)
Schon geil, wie begriffsstutzig man sein kann...
Worauf mich aber Heiko noch hingewiesen hat, ist, dass man die Dinge im Schraubstock immer mittig einspannt. Das gehört auch so zu den Dingen, die einem der gesunde Menschenverstand auch sagen, wenn man mal nen Momentchen drüber nach denkt. Aber wie häufig denkt man im richtigen Moment halt eben nicht... Gut also, es zwischendurch mal explizit gesagt zu bekommen.
Wie dem auch sei. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Dank der aktiven Unterstützung von Heiko bezüglich Federaufnahmen und nicht zuletzt der Erkenntnis bzgl. den falsch eingelegten Bördelführungen habe ich das Gefühl, mein Motivationstal überwunden zu haben. Mehr noch:
Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Uhr weiter tickt und ich doch so gerne das Fahrgestell fertig hätte, wenn ich Mitte September aus der Werkstatt raus muss.
Und das ist, wenn ich mich nicht täusche, sehr sehr bald...
Nebenan, in der ehemaligen Werkstatt von Jimmy schlummern meine ganzen Teile aus der Lagergarage. Und mein nächstes Projekt. Den hab ich schon mal hier zwischengelagert.
Wie traumhaft wäre diese Halle, um sich so richtig zu entfalten.
Doch leider wird auch dieser Teil Mitte September abgerissen.
Privat steht bei uns möglicherweise demnächst eine größere Veränderung an, sodass ich den Nacht-Bar Micha schon mal vorwarnen musste, dass aus meinem Einzug bei ihm wahrscheinlich nichts wird.
Gehe also gerade volles Risiko, dass ich ab Mitte September mit dem ganzen Plörres auf der Straße stehe...
Damit ihr ein Gefühlt dafür bekommt, wo ich die letzten anderthalb Jahre mit dem Experiment gehaust habe und was hier demnächst alles von der Abrissbirne niedergemacht werden wird, habe ich nachstehend mal einen kleinen 120-Grad Blick eingestellt.
Die ganzen Teile aus dem Lager hat mein Vermieter wie ich finde hier wirklich sehr vorbildlich eingelagert. Und das für nur 35 Euro.
Was das noch alles an Aufwand in sich birgt...
Allein die Karosserie...
Ouuuuuuuuuu!!!!
Was meint Ihr?
Wie lange brauchen wir in etwa noch?
5 Jahre?
10?
Und das hier ist natürlich nicht mein nächstes Projekt.
So wahnsinnig bin ich nun auch wieder nicht.
Den schicken Ford Mustang hat mein Nachbar (diesmal Wohnungsnachbar) für einen Monat hier eingelagert, weil die Tiefgarage, in der er ihn sonst stehen hat, renoviert wird.
Nun denn.
Bin wieder voll da!
Und Heiko ist dran schuld! Vielen Dank nochmal für den coolen und vor allem produktiven Abend! Hoffe, ich kann mich mal revanchieren!
Beste Grüße jetzt aber erstmal!
Dr. Gummistiefel