Tag 103: Zäsur
Wir sind bei Tag 103 angekommen, haben zwei Jahre dafür gebraucht, die Karre ist noch nicht ganz auseinander und ich will nicht sagen, dass mir das ganze hier über den Kopf wächst. Aber wenig anstrengend und vor allem wenig komplex ist die Angelegenheit definitiv nicht. Und bei genauer Betrachtung beginnt jetzt eigentlich erst die richtige Arbeit. Na denn Prost!
Nach meinem heutigen (in den letzten zwei Jahren erworbenen) Kenntnisstand meine ich sagen zu können, dass es eigentlich relativ "einfach" ist, bei einer Restauration an den Punkt zu gelangen, an dem ich jetzt stehe. Ich wage mal zu behaupten, dass man den aktuellen Zustand (ohne Photos, ohne Garagenorganisiererei und –räumerei, ohne diverse Einrichtungs- und Einkaufsaktionen mit nur einem bisschen Trödelei) locker in maximal zehn Tagen erreichen kann. Wenn man weiß wie's geht (und halt entsprechend Platz, Werkzeug und den ganzen Tag Zeit hat).
Nicht, das ich das bisher geschaffte schlecht reden möchte: Rückblickend finde ich es zwar erstaunlich, was wir da in den letzten zwei Jahren auf die Beine gestellt haben, was hier entstanden ist und was ich vor allem auf dem Weg hierhin gelernt habe etc, aber ich muss trotzdem schlucken, wenn ich nach vorne Blicke, was jetzt erst auf mich zu kommt. Au weia.
Jetzt kommen nämlich die ganzen Sachen wo man richtig was falsch und langfristig richtig was kaputt machen kann. Und die richtigen teuren Sachen noch dazu.
Bisher hatte ich einen wunderbaren Pfad an dem ich entlanglaufen konnte. Beim Dach anfangen, auseinanderbauen und dann immer weiter vorarbeiten, bis die Karre komplett zerlegt ist. Die zweite Seite der Vorderachse noch, die Hinterachse, dann sind wir damit fertig. Die Karre ist auseinander.
Doch jetzt beginnt der Spaß erst richtig.
Wie gehe ich denn beim Restaurieren, bzw. beim Zusammenbauen vor?
Fange ich zuerst mit den Achsen, dem Rahmen und dem Fahrwerk an, um das dann zusammgebaut für die nächsten zwei Jahre zur Seite zu stellen und neue Standschäden zu produzieren?
Oder lege ich die Achsen und den ganzen Krempel zur Seite und mach erst die Karosserie?
Wie krieg ich dann die Achsen innen so abgedichtet, dass sie nicht anfangen zu rosten? Rosten nicht die ganzen Achsenteile nicht in den Kartons vor sich hin?
Welche Teile, welche Fette, welche Öle, welche Schrauben, welche Dichtungen, welche Lacke, welchen Korossionsschutz welches was auch immer brauche ich wofür. Wo bekomme ich es, was taugt was und was nicht undsoweiterundsoweiter.
Aua aua.
Jetzt kommt die Zeit da Konzepte gemacht, Entscheidungen getroffen und vor allem Fragen gestellt werden müssen.
Will heißen: Jetzt gibt's hier wieder für alle was zu tun!
Und damit ich mich heute ein bisschen mental sortiert bekomme, mache ich das was ich am besten kann:
Garagenoptimierung.
Nein, nicht aufregen und nicht schimpfen! Am Wagen bin ich auch ein Stück weiter gekommen.
Aber schließlich wollen die Folgeaktionen ja so organisiert sein, dass wir endlich mal reibungslos vorankommen.
Der Lackierraum
Der Zufall (oder Glück oder Schicksal) wollte es, dass es in meiner neuen Location (über der übrigens auch schon wieder ein Abriss-Damoklesschwert hängt) hinten eine alte Bürokammer von ca. 1,40x4,5 Metern gibt, die über einen Abluftschacht verfügt und sich somit wunderbar als Lackierkabine für die ganzen Rahmenteile und kleineren Karosserieteile eignet.
Damit's hierdrin ein bisschen heller wird habe ich heute erstmal zwei Neonröhren, die ich noch aus der alten Garage mitgebracht habe, angebracht und angeschlossen.

Um den Lackierraum heute weitestgehend startklar zu bekommen, soll auch der Ventilator, den mein Vermieter gestiftet hat, heute eingebaut und angeschlossen werden.



Darüber hinaus hab ich mal ne ganze Menge Kleinkram aus meinem Keller zusammengetragen, den ich beim Lackierraum-Ausstatten gut gebrauchen kann.
Darunter einige Schraubhaken...

…Moltofill, alte Farbrollen und ein fast aber noch nicht völlig eingetrockneter Eimer weißer Wandfarbe.

Für den Verbau des Ventilators hab ich mir im Baumarkt eine Holzplatte von ca. 54x54 cm besorgt.
Hier soll ein rundes Loch reingeschnitten, der Ventilator darin verschraubt und die ganze Platte soll dann vor dem Abluftschacht verschraubt werden.

Ich freue mich tierisch, heute endlich mal den Kreisschneider für meine Stichsäge auszuprobieren.

Doch die Freude währt nicht lange.
Irgendwie passt das Ding aber vorne und hinten nicht, sodass ich mir erstmal eine Hilfskonstruktion aus einem alten Zigarettenetui, das ich hier rumfliegen hatte, bauen muss.

Und los geht's.

Jetzt weiß ich nicht, ob ich zu blöd bin oder was hier passiert ist. Auf jeden Fall funktionierte das mit dem Kreisschneider überhaupt nicht so dolle. Ständig hat sich das Sägeblatt aus der Führung geschoben und verklemmt.
Außerdem habe ich vergessen das Zirkelding festzuschrauben, sodass ich keinen Kreis sondern eine Schnecke in die Holzplatte geschnitten habe.
Selten doof. Ja, lacht nur!! ;-) Grrr… Sieht auch noch verdammt albern aus:

Der Baumarkt hat schon zu aber zum Glück hat Jimmy von nebenan noch eine Holzplatte in den benötigten Abmessungen rumliegen.
Diesmal zeichne ich den Kreis einfach rein und säge drauf los.

Und das klappt dann auch vernünftig.
Der Ventilator wird mit der Platte verschraubt…

…

...und die Platte wird, wie schon gesagt, in die Wand vor dem Abluftschacht gerschraubt.

Erster Leistungstest mit einem vorgehaltenen Gelben Sack:
Klappt wunderbar. Macht richtig Zug das Ding.
Wunderbar.

Die Lackierkabine sollte möglichst staubfrei sein.
Diese Voraussetzung möchte ich mir zwei Maßnahmen erreichen:
1. Den groben vorhandenen Staub erstmal entfernen.
2. Den feineren verbleibenden Staub binden.

Für Ersteres wird der Monster-Staubsauger hervorgeholt und ich sauge Boden, Wände und Ritzen gründlich durch.


Zum Binden des verbleibenden Staubes werde ich über Decke und Wände beim nächsten Mal grob mit Wandfarbe drübergehen. Hat den Vorteil, dass die Kabine dann nicht nur richtig sauber ist, sondern auch richtig sauber aussieht.
Die ganzen groben Ritzen und Löcher werden dazu heute noch schnell mit Moltofill abgedichtet.


Ein Loch lasse ich offen. Es eignet sich wunderbar zum Durchführen des Lackierschlauches.

Als Schlauchaufhängung dient erstmal provisorisch ein alter Nagel. Vielleicht finde ich dafür noch was besseres.

Und wo wir gerade bei den Optimierungsarbeiten sind, tacker ich noch ein Stück Folie auf meinem Arbeitstisch fest, um die Arbeitsplatte etwas zu schonen, wenn ich sie jetzt mit verschmierten verfetteten Teilen zulagere.

Ein bisschen was "Vernünftiges" soll heute aber auch noch angegangen werden. Wir wollen schließlich weiter kommen.
Letzte Woche hatten wir das Thema "Bremszange" diskutiert. Die liegt jetzt hier vor mir.

In jeder Seite der Zange sitzen jeweils zwei Kolben. Ein kleinerer und ein größerer.


In Ermangelung einer Fettspritze habe ich heute erstmal versucht, die Kolben mit Druckluft herauszubekommen.
Und das hat bei einem der größeren Kolben mit einem lauten PLOPP! auch echt gut geklappt. Bis auf, dass ich mich mächtig erschrocken habe und froh bin, dass ich die Finger nicht dazwischen hatte. Holla holla. Da ist echt Schmackes hinter!

Bei den weiteren Kolben kann man die Sache mit der Druckluft getrost vergessen, wenn schon ein Kolben draussen ist.
Es sei denn man friemelt den entfernten Kolben (vorsichtig) wieder rein und fixiert ihn so, dass er nicht wieder raus kann.
Auf diese Weise kriege ich jedenfalls den kleinen neben dem eben entfernten großen Kolben auch raus.

Also versuche ich das ganze Spiel noch mal, indem ich beide bereits entfernte Kolben wieder zurückschiebe und die dann so fixiere, dass sie nicht mehr raus können.
Druckluft drauf. Jetzt müssten sich die beiden anderen Kolben auf der anderen Seite der Zange doch endlich bewegen.
Pustekuchen. Hier bewegt sich gar nix. Also packe ich die Bremszange für heute erstmal zur Seite, suppe sie ordentlich mit Caramba ein...

und widme mich den Paketen, die ich die Tage in der Post hatte, bzw. die angeliefert wurden, als ich unterwegs war und nur meine Freundin mit unserem Kleinen zu Hause war.
Die beiden UPS Jungs, von denen einer den einen Arm in Gips hatte, haben ganz schön geflucht, als sie das Zeug übern Hof hoch in unsere Wohnung geschleppt haben.

Und wenn man in die Pakete rein schaut kann man sich vorstellen, dass die ein kleines bisschen schwer waren.

Dafür habe ich einige Minuten später aus dem 35 Kilo Stahl einen feinen eigenen Werkstattkran made in China in meiner Garage stehen.
Einer von Euch hatte mir neulich nen Link zu ner Ebay-Auktion für das Ding geschickt. Normalerweise stehen die immer so mit 149 Euro bei Ebay. Dieser lag bei 109. Da konnte ich dem "Sofort-Kaufen-Jucken" im Zeigefinger nicht widerstehen und hab zugeschlagen.

Im Gegensatz zu dem Kran meines Nachbarn merkt man schon die China-Qualität. Schlechte und teilweise falsche Montagebeschreibung, teilweise wacklige Verbindungen, keine Konservierung auf den Innenseiten der Streben.
Aber egal. Dafür ist er klappbar und ich kann ihn schön Platz sparend bei Seite schieben.

Und bevor dann für heute Feierabend gemacht wird, will er auch auch gleich ausprobiert werden.
Heute sollen nämlich auch die Reifen von der Hinterachse runter.

Eigentlich wollte ich das neulich in einem Aufwasch mit der Vorderachse machen, aber ich habe nur zwei von den Montageböcken zum Ablegen der Achse wenn die Reifen runter sind.

Die Reifen sind jedenfalls Ratzefatze runter.

Zum Heben habe ich vorerst nur die relativ schwachen Ketten, die ich zum Abschließen das Fahrgestells aufm Parkplatz besorgt hatte. Aber die dürften heute reichen.

Und das tun sie auch. Die Achse geht auf Reisen…

Und wird neben der bereits halb zerlegten Vorderachse geparkt.

Und das war's auch schon für heute.

Die Reifen packe ich auf die Ladefläche meines unverwüstlichen Lastenschleppers, um sie die Tage zum Trennen von Felge und Reifen wegzufahren.

So, und jetzt gehen wir nahtlos über zur großen Fragerunde:
