Tag 177: Suppenkasper
So Leute,
das mit dem Restaurieren ist ja gut und schön. Aber nachdem wir das jetzt die letzten dreidreiviertel Jahre gemacht haben, können wir den Fokus dieser Plattform ja langsam mal auf andere Dinge umschwenken.
Zumindest für diese Woche.
In Anbetracht der sich aus meinem Rachen langsam in weitere Körperregionen ausbreitenden Erkältung und in Ermangelung von Heizöl (der Ölhändler hatte Samstag geschlossen), um die Heizkanone wieder aufzufüllen, verlegen wir Tag 177 von der Auto-Werkstatt mal rüber in die Kochwerkstatt.
So langsam aber sicher rückt der "Termin", zu dem sich unser neues Familienmitglied zu uns gesellen wird näher und damit auch eine Zeit kurzer und energiezehrender Nächte. Um dem steigenden Energieverlust vorzubeugen und die Energieversorgung für die kommenden Wochen zu gewährleisten, wird ein altes Rezept der spanischen Ureinwohner aus dem streng geheim gehaltenen Familienkochbuch hervorgekramt.
Es handelt sich um ein Rezept mit dem geheimnisvollen Nahmen "Cocido", was übersetzt leider nur so viel wie "Eintopf" bedeutet. Wahnsinnig geheimnisvoll. Wie ich allerdings gerade bei Wikipedia erfahren habe, ist das "Cocido", das wir hier zu kredenzen im Begriff sind, nicht IRGENDEIN "Cocido" ist, sondern DAS "Cocido de Garbanzos". Also Eintopf mit Kichererbsen.
Zum Rezept gehören, wenn man nicht wie wir hier heute auf Vorrat, sondern für, sagen wir eine hungrige Meute von 4 Personen kocht,
Ca. 300g Kichererbsen
1/2 Suppenhuhn
Ca. 300g Rinderhesse (am besten mit Markknochen)
Einige weitere Markknochen (4-5 Stück)
Zwei Stangen Porree
Zwei große Karotten
1 Kopf Wirsing
4 große Kartoffeln
1 Stück Serrano-Schinken
4-6 Spanische Chorizo-Würstchen (die scharfen sind am besten).
Da wir hier heute auf Vorrat kochen, habe ich etwas mehr eingekauft und muss vor allem den "etwas" größeren 40-Liter-Topf nehmen.
Außerdem gibt es zum Cocido noch ein Schwestergericht, das man irgendwann später aus der Brühe und den Kichererbsen kocht. Doch dazu ein Andermal.
Die Kichererbsen sollte man über Nacht in Wasser einweichen und sich nicht wundern, wie viel Wasser die tatsächlich ziehen und wie sie sich nach der Wasseraufnahme aufblähen.
Wichtige Alleinstellungsmerkmale dieses spanischen Eintopfes sind aber vor allem das Stück Serrano-Schinken...
...und insbesondere die roten Chorizo-Würstchen. Wie schon gesagt, die scharfen machen sich am besten, da sie der Suppe einen besonders kräftigen Geschmack (und nicht zuletzt die charakteristische rote Farbe) verleihen.
Rinderhesse, Rindsknochen...
...Suppenhuhn kennt man ja auch von hiesigen Eintöpfen. Wenn auch vielleicht nicht in Kombination miteinander.
Lasst uns also mit der Kocherei beginnen.
Erstmal ordentlich Wasser in den Topf. Gas aufdrehen, Knochen rein...
...und Deckel drauf.
Da ich zum Topf keinen Deckel habe, muss die Paella-Pfanne herhalten. Aber so bleibt es wenigstens typisch spanisch.
Knochen und Wasser simmern erstmal ein gutes dreiviertel Stündchen bei ordentlicher Temperatur vor sich hin.
Anschließend wird die Flamme etwas kleiner gestellt...
...und dir Rinderhesse...
...und das Suppenhuhn kommen hinzu.
Das ganze lasse ich bei geringerer Temperatur gut anderthalb Stunden köcheln. Bei zu hoher Temperatur wird das Fleisch gerne zäh.
Nachdem das Ganze ein Weilchen vor sich hin geköchelt hat, lagert sich an der Oberfläche eine blasige, ziemlich eklige Fettschicht ab. Weiß zwar nicht, ob man das muss, aber in Japan beispielsweise nimmt man bei Suppen diese Schicht immer mit einem Schöpflöffel runter und schüttet entsorgt den Schaum. Diesem Beispiel folgend wird dem hier gleich getan.
Anschließend werden die Knochen herausgefischt...
...und die Kichererbsen werden....
...in den Hexenkessel...
...gegeben.
Von den Knochen sortiere ich die Markknochen aus und hebe sie auf. Das Knochenmark gibt dem Ganzen am Ende noch eine besondere geschmackliche Drehung. Wer's mag bekommt später ein Stück Mark mit auf seinen Teller.
Jetzt kann so langsam auch das Gemüse hinzugegeben werden:
Porree...
...Karotten....
...Kartoffeln...
...und der Wirsing...
werden jeweils in größere Stücke geschnitten und der Suppe beigegeben.
Und zum krönenden Abschluss kommt jetzt auch die Chorizo hinzu.
Ich nehme davon heute fünf Stück.
Und rein damit.
Die Zeit des Suppenhuhns ist derweil abgelaufen.
Es wird fein säuberlich filetiert. Die Knochen bekommt der Nachbarshund (Neeein! War ein Witz!) und das Fleisch kommt zurück in den Topf.
Noch ne ordentliche (und ich meine eine ORDENTLICHE) Fuhre Salz in den Topf...
...die Abfälle entsorgen und die Küche wieder schön aufräumen!
Und dann noch ein halbes Stündchen alles simmern lassen, bevor jeder der Anwesenden seine Portion Cocido de Garbanzos kredenzt bekommt.
Leider haben wir von diesem Schmaus ob des mittlerweile ins unermessliche gesteigerten Hungers keine Bilder mehr gemacht. Einfach gesprochen gibt's von allem (Karotte, Kartoffel, Wirsing, Porree, Chorizo, Hühnerfleisch, Rindfleisch, Mark) jeweils ein bis zwei Stücke auf den Teller. Dazu ein großer Schwung Kichererbsen und natürlich die leckere rote, leicht scharfe Brühe.
Genau das richtige für nachm. Weihnachtsmarktbesuch, nachm. Arbeiten in der kalten Werkstatt, nachm. Wandern oder einfach nur so für den ganz normalen Winterhunger.
Und das allerschönste ist: Mit der Brühe und den Erbsen kann man später noch ein weiteres Gericht zaubern. Und das ist der absolute Oberhammer. Auch wenn es ganz langweilig und wenig geheimnisvoll "Arroz al Horno", Reis aus dem Ofen, heißt.
Das heben wir uns aber für später auf.
Und da ich bei Wikipedia keine detaillierte Kochbeschreibung zu Cocido gefunden habe, werde ich mal gleich von dort auf hier verlinken.
Guten Appetit!
Tsuppari