Montag, 22. Juni 2009

Tag 195: Baby es gibt Reis!

<< rückwärts   Schnellnavigation   vorwärts >>


Zack ist schon wieder eine Woche um. Und diesmal hab ich es nicht nur aus Zeitgründen nicht in die Werkstatt geschafft. Ich konnte gar nicht in die Werkstatt. Denn ich hab meinen kompletten Schlüsselbund verlegt. Aua!

Eine leise Vermutung, wo er bei meiner Reiserei der letzten Woche abgeblieben sein könnte hab ich wohl, aber drückt trotzdem mal die Daumen, dass er da auch ist. Sonst hab ich demnächst eine richtig nervige Rennerei und Organisiererei on top vor mir...



So langsam läuft mir bezüglich "Fertig machen des Fahrgestells" echt die Zeit davon. Vor allem, weil ich immer noch nicht weiss, wie ich jetzt in Sachen Federaufnahme weiter machen soll. Die ist das Einzige, was mich derzeit noch davon abhält, das Fahrgestell zum Strahlen zu geben und anschließend zu lackieren. Dann wäre es bis zum 1. August getrocknet und ausgehärtet und ich könnte zum Abschied von der alten Werkstatt das ganze Ding schick und piekefein gemacht aus der Halle raus ins dann einzurichtende Lager rollen.

Und kommendes Wochenende steht erstmal der Lagerumzug an. Ihr erinnert Euch: Die Kündigung der Lagergarage war zum 30. Juni...

Aber was machen wir denn so lange? Jetzt haben wir hier schon wieder eine so schöne Kontinuität erreicht und kommen doch am Wagen nicht voran.

Machen wir aus der Not eine Tugend. Bleiben wir erstmal in der Tradition der letzten Wochen und greifen statt zum Schraubenschlüssel nochmal zum Kochlöffel.

Bei uns gab's am Freitag Paella. Und viele von Euch, die schon mal in Spanien Urlaub gemacht haben, wissen vielleicht, dass es solche Paella und SOLCHE Paella gibt. Einmal die vertrocknete, geschmacklose Touristenpaella und die saftige, superleckere Hinterhof-Geheimtipp-Einheimischen-Paella.

Meine Mutter, die Freitag ebenfalls mit von der Partie war, hütet seit Jahrzehnten das ultimative Paella Rezept. Und da wir hier im Experiment schließlich unter dem Motto "Wissen teilen ist besser als Wissen horten" unterwegs sind, wird das Rezept nachfolgend Euch und dem Rest der Weltöffentlichkeit zum Nachkochen und Weiterentwickeln zur Verfügung gestellt.

Was man, soviel sei vorab gesagt, auf jeden Fall braucht, ist eine Paella-Pfanne. Und viel, viel Zeit.




Und wenn's dann tatsächlich rund vier Stunden dauert, bis die endlich auf dem Tisch steht, und man vorher nen halben Nachmittag rumrennt, um alle Zutaten zu besorgen, lohnt sich der Aufwand letztlich. Denn das Ding war supersaulecker.

Was man braucht, wenn man fünf Leute (bei uns waren's drei Mädels und zwei Jungs) satt bekommen will:

Olivenöl (viel)
5-10 Muscheln
5-10 Gambas
5-10 Hähnchenflügel oder 5 Hähnchenkeulen
300 – 500 Gramm Calamares (kleine oder große)
1-2 Kaninchenkeulen
2 Zwiebeln
2-4 Knoblauchzehen
¾ große Dose geschälte Tomaten
4-6 Kaffeebecher Hühnerbrühe
2-3 Kaffeebecher Risotto-/Paellareis
5-10 Safranfäden
Salz und Pfeffer
Ca. 250 Gramm junge Erbsen (zum Garnieren)
1 rote Paprika (zum Garnieren)
2 bis X Flaschen leckeren spanischen Weiss- oder Rotwein oder einfach nur viel Bier.







Mit dem Auseinanderfummeln der Calamares habe ich mich im Rahmen von anderen Gerichten anfangs ganz schön schwer getan.

Aber mittlerweile habe ich einen Weg gefunden, die Dinger recht flink zu "entkernen" und fertig zu machen.

Wenn man nicht den Luxus genießt wie wir, ein türkisches Fischgeschäft mit äußerst moderaten Preisen 500 Meter Luftlinie von der Haustür entfernt zu haben, gibt's die Dinger in der Regel im Asiashop in der Tiefkühltruhe. Dann sind sie, glaube ich, auch schon ausgenommen.




Das hier sind die kleinen, die ich persönlich am leckersten finde.




Zuerst muss man denen dieses plastikähnliche "Rückgrat" unterhalb des Kopfes aus dem Rücken ziehen. Nervig ist's, wenn es dabei abbricht. Denn dann ist es eine echte Fummelei, den Rest noch rauszubekommen.




Wer einen Wellensittich hat (oder mal hatte) kennt vielleicht diese rautenförmigen, länglichen Kalkdinger, die man in den Käfig hängt, damit die Viecher an ihm nagen können. Das sind Rückgrate von richtig großen Kalmaren. Bei den kleinen ist's halt nur so ein schmales durchsichtiges "Plastikteil".




Als nächstes zieht man den Kopf samt der daran hängenden Innereien aus dem Körper. Ganz schön eklig, oder? Aber es wird noch besser...




Dann trennt man den Kopf von den Innereien und zwar so, dass man das Messer im unteren Drittel der Augen ansetzt. Die Augen kann, muss man aber nicht unbedingt mitessen...




Wenn man den Schnitt wie oben beschrieben ansetzt, kann man anschließend die Augen einfach aus dem Kopf herausdrücken. Lecker lecker.




Wenn man dann den Kopf so zu sich dreht, dass man von oben auf die Unterseite der Fangarme schaut, sieht man den Schnabel des Viechs. Der ist ebenso plastikähnlich, wie das Rückgrat und, wenn man ihn nicht raus nimmt, knackt er ganz komisch, wenn man darauf beißt. Die Augen platzen übrigens recht gerne, wenn man sie nicht entfernt und spritzen einem samt dem Fett in der Pfanne durch die Küche.




Den Schnabel schiebt sich heraus, wenn man den Knubbel, in dem er sitzt, zusammendrückt.




Mit dem Entfernen der dunklen Haut hatte ich mich bislang immer recht schwer getan. Wie ich heute gemerkt habe, geht die Haut ganz leicht ab, wenn man sie mit einem Messer abschabt.




Wer eine Katze zu Hause hat, hat mit den ganzen Innereien ein ganz besonderes Festmahl für seinen Liebling gezaubert.

Bei mir landet das Alles aber im Müll.




Bevor die ausgenommenen und gesäuberten Calamares in mundgerechte Stücke geschnitten werden, werden sie nochmal gründlich unter kaltem Wasser abgewaschen.






Für die Brühe kann man einfach Instant-Hühnerbrühe oder Hühnerfond benutzen. Ich hatte neulich mal eine Hühnersuppe gekocht, die ich so lange runterreduziert hatte, dass ich das Hühnersuppenextrakt in Form von Eiswürfeln einfrieren konnte.




Die Eiswürfel kommen einfach in einen Topf kochendes Wasser und verwandeln das Ganze in delikate Hühnerbrühe.




Finger weg! Hier wird nicht genascht! Vor allem keine gefrorenen Erbsen!




Von den Hühnerflügeln hatte ich im Bezug auf die Größe meiner Paella-Pfanne zu viele besorgt. Im Kühlschrank vergammeln zu lassen wäre zu schade.

Also bereite ich sie mir für's nächste mal Grillen vor.

Nachdem ich dieses Jahr diverse Grillmarinaden probiert habe, kann ich Euch hier schnell "on the fly" die leckerste vorstellen.




Einfach im Asiashop eine Flasche Chicken Chili oder "Sweet Chili Sauce" besorgen.




Je nach Geschmack noch ein paar Chilischoten...




mörsern...




...und mit der Chilisauce über die Hähnchenflügel packen. Die Flügel am besten auf jeder Seite bis zum Knochen einschneiden. Dann saugt sich die Marinade schön ins Fleisch rein.




Umrühren, fertig. Ab in einen Gefrierbeutel und in das Gefrierfach. Beim nächsten mal Grillen kann ich die dann als Appetizer hervorzaubern.




So. Jetzt aber zurück zum Thema, bzw. zum heutigen Off-Toppic-Ausflug.

Wir haben alles so weit vorbereitet und schleppen die Zutaten aufm Tablett nach draußen auf den Balkon.




Natürlich hätte man die Paella auch aufm Herd machen können. Aber das wäre ja langweilig.

Feuer anmachen und die Pfanne richtig ordentlich heiß werden lassen.

Dann kommt ein ordentlicher Schwapp Olivenöl auf das heiße Eisen.




Ab mit den Hähnchenflügeln in die Pfanne. Vorher von beiden Seiten noch Salzen und Pfeffern.




Wenn die Dinger von beiden Seiten schön knusprig braun sind, raus aus der Pfanne.




Als nächstes ist das Kaninchen an der Reihe (und parallel wir das Abendessen für meinen großen Keinen fertig gemacht).




Da der Kaninchenschenkel noch nicht ganz aufgetaut war habe ich ihn dann doch noch zerstückelt, um die Teile von allen Seiten an- und durchzubraten.




Raus mit dem Kaninchen, rein mit den Calamares. Zwischendurch ein bisschen Salzen und Pfeffern.




Raus mit den Calamares, rein mit den Gambas. Die bekommt man ebenfalls tiefgefroren im Asiashop. Achtung: Nur so lange anbraten, bis die Schale rot wird. Die Dinger werden sau schnell trocken und verlieren an Geschmack. Vorher auch Salzen und Pfeffern!




Auch die Gambas werden nach dem anbraten erstmal auf die Seite gelegt.

Jetzt kommt das eigentliche Geheimnis der Paella. Das so genannte Sofrito. Dafür gibt es (wie für Paella überhaupt) bestimmt zig Rezepte.

Ich beschränke mich auf Knoblauch, Tomaten und Zwiebeln.

Erstmal kommen die Zwiebeln und der Knoblauch (beides kleingehackt) in den Olivenöl-Hähnchen-Calamares-Kaninchen-Gamba-Sud...




und werden schön angedünstet.




Dann kommen die klein geschnittenen Tomaten aus der Dose rein.

Wer noch irgendwo leckere frische Tomaten findet, kann auch die nehmen. Aber ich glaube, die gibt's nur noch im Märchen.




Das Ganze muss dann richtig schön einkochen.




Zwischendurch gebe ich ein bisschen Brühe dazu und lege die Miesmuscheln mit in den Sud.



Bei geschlossenem Deckel lasse ich sie rund zehn Minuten ziehen.





Raus mit den Muscheln und den Sofrito weiter köcheln lassen.




Ruhig das Feuer dazu nochmal ein bisschen anfachern,




bis man eine rotbraune zähflüssige Pampe erhält.

Dann das Feuer aber nicht weiter so groß halten und dafür sorgen, dass man eine konstante Hitze hat.




Jetzt kommt der Reis ins Spiel. Davon zwei bis drei Kaffeetassen in die Pfanne und Reis und Sofrito miteinander vermischen.




Die Brühe steht schon bereit.




Im Verhältnis 1 Teil Reis = 1,5 Teile Brühe in die Pfanne kippen.




Den Safran hinzugeben und alles noch ein letztes mal umrühren.




Jetzt überlässt man das Ganze für 10 bis 15 Minuten sich selbst. Es kann ruhig noch ein bisschen köcheln, sollte aber nicht richtig doll blubbern. Sonst brennt der Reis zu schnell unten an.

Während wir warten gibt es an dieser Stelle passend zum Thema eine kleine musikalische Untermalung: "Es gibt Reis" vom allseits geliebten oder gehassten Helge Schneider:



Rund zehn Minuten vor Fertigstellung packt man dann das ganze vorgegarte Zeug wieder in die Pfanne. Wahre Künstler können sich dabei verausgaben und irgendwelche Muster verwirklichen...

Darauf habe ich allerdings verzichtet.







Gekrönt wird das Ganze schließlich von den Paprikastreifen...




...und den Erbsen.



So. Und ab auf den Tisch damit. Achtung: Die Pfanne ist nicht nur sau heiß, sondern von unten vom Ruß auch sau schmutzig!!!




Wie gesagt, nen leckerer Wein dazu kann nicht schaden.




Boah! War das lecker!




Das Experiment ist geglückt!

Die Paella war echt der Hammer.

Sonst hätte ich das Rezept heute hier nicht eingestellt.

Drückt Ihr noch die Daumen, dass ich den Schlüssel finde, oder habt Ihr das bei lauter Wasser im Mund mittlerweile vergessen?!??!

Eine leckere Woche wünscht.

Der Paella-Tsu.

<< rückwärts   Schnellnavigation   vorwärts >>


_________________________________________________________

| 7 Kommentare / Ratschläge |



Zum Seitenanfang / Das Experiment jetzt weiterempfehlen!

Flattr this

___________________________