Tag 74: Strahlen mit Umwegen
Nach der kurzen Zusammenfassungs-Verschnaufpause von voriger Woche habe ich es diese Woche wieder in die Garage geschafft. Voller Elan, hochmotiviert, naiv und blauäugig.
Sandstrahlen und Lackieren stand auf dem Plan.
Wie hätte ich wissen sollen, dass ich wieder nur einen Bruchteil dessen, was ich mir vorgenommen hatte, schaffen würde, und, dass dies wieder mal einer der Tage werden sollte, an dem ich zwischendurch am liebsten alles hingeschmissen hätte.
Dabei hatte alles so gut angefangen. Am Anfang stand die vorerst (hoffentlich) letzte größere Investition: Füller und Lack. Wenn ich schon in die Werkzeuge so viel investiere, dachte ich mir, darf auch hier nicht gespart werden.
Auch wenn vorige Woche im Dialog mit Matthias(danke für die ausführlichen Beschreibungen!!!) Verzinken und Pulverbeschichten als ernst zu nehmende Alternativen zum reinen Lackieren aufkamen, baue ich bei meiner Entscheidung für das Mittel der Wahl auf die Erfahrungen einiger Landcuiser-Kollegen, Allen voran Wolli vom Buschtaxi-Puzzle, und habe mich für das "Finish" aller Rahmenteile für Füller und Lack von Glasurit entschieden.
Die emotionale Bindung an meinen ehemaligen Ausbildungsbetrieb und Arbeitgeber BASF (übrigens das weltgrößte Chemieunternehmen) war nicht zuletzt das Zünglein an der Waage ein paar Euro mehr auszugeben, als bei irgendeinem der anderen Hersteller (die im Übrigen was die Pigmente und andere Lack-Rohstoffe angeht, allesamt Kunden der BASF sind).
Für Rahmenteile und andere Teile, die hohen Belastungen durch Schläge (Steine, Zweige beim Offroad-Fahren, etc.) ausgesetzt sind, hat sich bei einigen Landcruiser-Projekten der 18 HS (steht für High Solid) 2K (steht für 2-Komponenten)-Lack bewährt: "Wenn der richtig ausgehärtet ist kannst Du dann mit nem Vorschlaghammer drauf schlagen und der Lack hält".
Nach einigen Recherchen, wo ich das Zeug überhaupt herbekomme, hatte ich vorige Woche einen extrem netten Lackiererbedarf-Fachhandel in Berlin aufgetan, das Zeug bestellt und heute morgen abgeholt.
Natürlich blieb es nicht nur beim eigentlichen Lack, Füller und den zugehörigen "Härtern".
Eine Atemschutzmaske, Pistolenhalterung, Mischbecher, Filter, Lösemittel zum Pistolen reinigen und diverse Kleinteile, um die nebst Ausblaspistole noch über KAESER bestellte "Druckluft-Verzweigung" haben dafür gesorgt, dass mir beim Blick auf die Rechnung erstmal ganz schön schwindelig wurde und ich mir darüber im Klaren bin, dass der Investitionsstopp hier bald vorerst erreicht werden wird.
Aber es hilft ja nix, denn auch vom Baumarkt benötigte ich noch einige Kleinigkeiten.
Bremsenreiniger von Caramba in der Sprühdose, eine neue Dose Kaltreiniger, fester Draht zum Aufhängen von zu lackierenden Teilen (hätte ich mal auf Eure Tipps gehört: Der Schweißdraht ist genau so stark wie der stärkste aus dem Baumarkt) , eine Schutzbrille, ein Eimer, eine leere Farbdose zum Sammeln von Chemieabfällen, Kabelrohrhalterungen zum Verlegen des Druckluftschlauches und eine Schutzbrille.
Da klingeln die Baumaktkassen wieder. Und ich wunder mich schon, warum die mich da alle inzwischen mit Vornamen begrüßen… Aua!
Auch Auto-Tip hatte ich im zufälligen Vorbeifahren einen Besuch abgestattet und mir für's Reinigen der Lackierpistole so eine Automatik-Sprühflasche besorgt. Marcus hatte neulich so ein Teil mit Kaltreiniger dabei. Man gibt über den Pumphebel Druck auf die Flasche und wenn man den Knopf am Griff betätigt spritzt das Ding so lange, bis man den Finger wieder weg nimmt oder kein Druck mehr da ist. Wie bei ner Wasser-Pumpgun. Super praktisch!!!
Nachdem ich einen Liter Verdünner in meine "Pump-Gun" umgefüllt habe, mache ich mich ans Zusammenbauen der Atemschutzmaske.
Ähnlich wie bei der Lackierpistole finde ich hier umfassendes Beipackmaterial mit Produktinformationen, Bedienungshinweisen, Ersatzfilter, etc. So gehört sich das. Super!
Vor die Hauptfilter werden nochmal so dünne Vorfilter eingeschoben.
Klack Klack. Fertig. Dann könnte es ja theoretisch los gehen…
Und das tut es auch. Erst aber mal mit Trockenübungen.
Ich tobe mich ausgiebig mit der Ausblaspistole aus, reinige die in den letzten Monaten ausgiebig verwendeten und dabei verunreinigten Elektrowerkzeuge und blase insgesamt auch mal die ganze Garage mal ordentlich aus.
Anschließend soll mal das Druckluft-Leitungsnetz ordentlich aufgebaut werden.
Herzstück dazu soll das unten im Bild abgebildete Verzweigungsstück sein.
Das es sowas überhaupt gibt wusste ich nur, da die Garagen-Vorbesitzer hier scheinbar schon mal ein Druckluftnetz betrieben hatten und eine total verwitterte Verzweigung samt Wandhalterung irgendwann bei meinen archäologischen Spurensuchen zum Vorschein kam.
Doch einfach so kann ich die neue Verzweigung nicht auf dem alten verschraubten Wandstück montieren.
Alle Gewindegrößen sind vollkommen unterschiedlich und der vom Kompressor ankommende Schlauch endet in einer Schnellkupplung und nicht in einem Gewinde, dass ich irgendwo einschrauben kann.
Im Lack-Fachgeschäft verbringe ich eine gute Viertel Stunde mit einem der Angestellten, bevor wir passend gemacht haben, was vorher nicht passen wollte.
Und zwar mit ner Menge (im wahrsten Sinne des Wortes) Stückwerk.
Na Super. Passt ja alles. Denke ich, und sehe mich schon gute 10 Minuten später an der Sandstrahlkabine und ne gute Stunde später mit der Lackierpistole in der Hand vor den blanken Teilen stehen.
Vorher aber noch schnell die gesamte Konstruktion fertig stellen. Neben der alten Verzweigung haben die Vorbesitzer auch eine Schlauchhalterung zurückgelassen.
Die neue Verzweigungskonstruktion und die Schlauchhalterung werden auf ein Brett montiert und dies wird an der Garagenwand neben der Sandstrahlkabine verschraubt.
Es kann los gehen.
Von wegen. Pustekuchen (auch wieder im wahrsten Sinne des Wortes). Denn, meine tolle Konstruktion pfeift aus allen Löchern. Über Dichtungsringe oder sowas hatte ich mir in meiner Blauäugigkeit natürlich überhaupt keine Gedanken gemacht.
Super!
Verzweifelt versuche ich das ganze zu retten, indem ich das alte Wandteil auslasse und stattdessen den Rest der Verzweigungskonstruktion mit Kabelbinder am Brett befestige. Das ist a) eine total ätzende Fummelei, da das Brett schon an der Wand verschraubt ist und ich den Kabelbinder nicht durch die dann gebohrten Löcher durchgefummelt bekomme und b) funktioniert es einfach nicht.
Jetzt krieg ich schlechte Laune. Die Zeit heute läuft mir weg und ich weiß jetzt schon, dass ich vielleicht noch zum Sandstrahlen aber auf gar keinen Fall noch zum Füllern kommen werde. Dann haben wir inzwischen schon Anfang Oktober und ich bin mir im Klaren darüber, dass die kommenden Wochen nicht mehr so sonnig und warm sein werden wie die letzte. Das heißt die Tage, an denen ich überhaupt noch zum Lackieren komme sind definitiv gezählt.
MMMGGGGRRRMMPPPHHHH!!!!
Am liebsten würd ich das ganze Ding vor die Wand schmeißen. Ich schlag mir hier die Tage um die Ohren, um endlich mal voran zu kommen, und dann hängt es an so einer Kleinsch…e. Könnte Ausrasten. Jetzt muss ich schon wieder zum Baumarkt oder Sonstwohin und wieder Geld ausgeben, um Dichtungen für die ganzen Teilstücke zu holen oder was?
Mann, mann, mann…
Um mich abzureagieren, und, um überhaupt was zu machen schleppe ich aus allen Teilen der Garage zumindest schon mal die Teile zusammen, die ich eigentlich Sandstrahlen und lackieren wollte.
Das sind unter Anderen der Unterbodenschutz, Teile der Tankhalterung und diverses Kleinzeug vom Rahmen.
Als erstes sollen die Trittbretthalterungen, die etwa unterhalb der Fahrer- und Beifahrertür montiert waren, gestrahlt werden.
Da ich ein fleißiger Kommentarleser bin weiß ich, dass man die Gewinde beim Strahlen schützen muss. Dazu drehe ich in die Gewinde an den Halterungen alte Schrauben ein.
Der weitere Zeitvertreib besteht darin, die Druckluftleitung vom Kompressor zur Sandstrahlkabine vernünftig zu verlegen.
Die Leitung hat am Kompressor so viel Spiel, dass ich den Kompressor, wenn's in der Garage mal zu staubig wird, oder wenn er mir zu laut wird, vor die Garage schieben kann. Da kann ich dann das Tor zu machen und außen kann der Brummer rumbrummern wie er möchte.
Zwischendurch kommt mein Nachbar Ede, um sich mal die Strahlkabine anzuschauen. Ich schilder ihm mein Problem mit der Druckluftverzweigung worauf er mich nur anschaut und sagt.
"Dafür gibt es doch Teflon-Band".
Ach so?, denke ich. Was zum Teufel ist Teflon-Band???
Ede zeigt's mir. Er hat nämlich eine Rolle davon da.
Es ist ja schon erstaunlich, mit welchen Tricks man sich zu helfen wissen muss, bzw. was es alles gibt.
Das Teflon Band ist so ein total dünnes, leicht dehnbares Band, das nicht klebt und nix. Es ist so dünn dass man es unter Spannung auf ein Gewinde aufrollen kann und dann das Gewinde samt Teflon Band in das Gegengewinde einschraubt. Dabei hilft, wenn man das Band entgegengesetzt der Schraubrichtung aufrollt damit es sich beim Eindrehen nicht wieder vom Gewinde aufwickelt.
Ratzefatze hab ich die ganze Konstruktion zerpflückt und alle Gewinde mit dem Wunderband umwickelt.
Nachdem alles wieder montiert ist und ich den Hauptschlauch anschließe kann ich wieder lachen.
Cooool!
Nix zischt mehr. Alles ist dicht!!!!
Es kann also los gehen.
Auch wenn heute bestimmt nichts mehr aus dem Füllern wird, mach ich mich zumindest schon mal ans Sandstrahlen.
Und das klappt super. Es dauert zwar ein Weilchen aber nach einer guten Stunde hab ich die erste vier Teile von Schmutz, Lack und Rost befreit!
Jetzt bloß nicht mehr mit den Fingern drauf fassen, sonst gibt's dort spätestens morgen rostige Fingerabdrücke.
Und damit die Dinger nicht bis zum nächsten mal wieder rostig sind pack ich sie provisorisch in Folie ein. Hoffentlich bringt's was…
Bevor ich dann für heute Schluss mache werden die ganzen vergammelten Schrauben an den weiteren zu strahlenden Teilen ordentlich mit WD40 eingesprüht. Dann hab ich beim nächsten mal nicht so eine Plackerei damit…
So, und jetzt geht's nach Hause. Schmökern.
Heute kam nämlich Post aus den USA…
Der große Teilekatalog von Specter Off-Road, einer der großen Land Cruiser Ersatzteil-Lieferanten in den USA.
Die Lizenz zum Geld ausgeben… Noch eine.... Oje oje oje…