Tag 75: Farbenblind
Guten Morgen!
Letzte Woche ging es bei mir sowohl beruflich, als auch privat so dermaßen turbulent zu, dass ich zwar zum Absolvieren des obligatorischen Experiment-Arbeitstages, aber bis jetzt (Montag Morgen, 8 Uhr) noch nicht zum Schreiben gekommen bin.
Da mir eine genau so turbulente (wenn nicht noch turbulentere) Woche bevorsteht und ich zu sehen muss, dass ich meinen Hintern hier raus ins Büro bekomme, versuche ich mich (auch wenn's schwer fällt) ausnahmsweise mal kurz zu halten.
Die Tipps bzgl. Sandstrahlen, Entrosten, etc. waren super! Die Qualität und Vielschichtigkeit der Ratschläge hat sich echt wahnsinnig gesteigert. Was es etwas kompliziert macht ist jetzt allerdings, dass es einfach bei bestimmten Punkten unterschiedliche "Ideologien" gibt, und unterschiedliche Richtungen möglich sind aber an allen Richtungen gibt es irgendetwas auszusetzen.
Das macht es für mich manchmal gar nicht einfach zu differenzieren, welche Richtung jetzt für mich hier die richtige ist.
Denke mal, dass sind dann so die Punkte, an denen die langfristige Perspektive zum Tragen kommt, an der man sieht, ob beispielsweise jetzt die verzinkten oder die nicht-verzinkten, die mit Rostwandler oder die ohne Rostwandler behandelten, die gesandstrahlten oder die abgeschliffenen Teile, etc. etc. etc… schneller vor Rost erblühen oder langsamer.
Aufgrund der Turbulenzen der letzten Woche habe ich aber, glaube ich den Grundstein für eine solche Erfahrung gelegt…
Doch dazu später.
Mit der Arbeit angefangen hab ich gleich Montag. Und zwar bevor ich noch den ersten der Kommentare von Tag 74 gelesen hatte.
Vielleicht lag hier schon der Fehler, aber es ging nicht anders da Montag der einzige Tag die Woche war, an dem ich mich abends für ein paar Stunden in die Garage verkrümeln konnte.
Um mit dem Sandstrahlen gleich richtig ordentlich loszulegen, hab ich mir aus der Lagergarage noch ein paar Extra-Brocken zusammengesucht.
Ein bisschen musste ich suchen aber dann hatte ich schnell einiges zusammen.
Ab in den Kofferraum mit den Batteriehalterungen und los in die Werkstatt.
Hier warteten die in WD40 eingeweichten Bauteile darauf, auseinander genommen zu werden.
Bei den meisten Schrauben für die es noch ein Gewinde gab, klappte das auch wunderbar.
Aber bei einigen, insbesondere bei denen sich nicht nur Muttern, sondern alle Einzelkomponenten des Bauteils mitdrehten, half alles nix.
Die Flex musste her.
Rohe Gewalt ist doch zwischendurch immer wieder was schönes…. ;-)
Nachdem ich die Teile noch von Schmodder, Öl und Rostplacken befreit habe, kann es mit dem Sandstrahlen dann auch gleich schon mal losgehen…
Und es klappt wunderbar…
Nachdem ich den Kleinkram gestrahlt habe gönne ich dem Kompressor eine kurze Pause und mache mich an der Kabine zu schaffen.
Um die Plexiglasscheiben entsprechend einiger Ratschläge langfristig zu schonen, schneide ich mehrere gleich große quadratische Stücke Folie zurecht. Die Folienstücke haben genau die Größe der hinteren linken Scheibe in der Kabine. In 5 Lagen klebe ich die Folienstücke mit doppelseitigem Klebeband aufeinander…
…und klebe den ganzen Stapel anschließend über die Scheibe.
Mmh. Zar wird die Scheibe jetzt geschützt, aber es kommt nur noch die Hälfte an Licht rein…
Ob das so viel Sinn macht?
Wie dem auch sei. Es liegt noch einiges an Strahlerei vor mir. Der Tag schreitet unaufhaltsam voran und ich muss zu sehen, dass ich mit dem Strahlen so weit komme wie möglich, um die ersten gestrahlten Teile heute noch zu Füllern und damit für den Winter zu konservieren. Wer weiß. Vielleicht ist das die letzte Woche, an der die Temperaturen das zulassen…
In der nächsten Strahl-Pause weiß ich nichts mit mir anzufangen. Da der Eimer mit dem Strahlgut immer leerer und die Kabine damit immer voller wird, rückt der Moment näher, an dem der Trichter das erste mal geöffnet werden wird, um den verdreckten Korund abzulassen.
Markus Maurer hatte in seiner Kabinenbauanleitung noch eine kurze Beschreibung einer Einrichtung zum Reinigen des Korunds hinzugefügt. Da ich zu diesem Zeitpunkt Eure Tipps bzgl. Reinigung noch nicht gelesen hatte, hab ich mir gedacht, ich könnte die Strahlpause und jede Menge rumfliegende Materialreste dazu nutzen, so ein Ding schnell zu bauen.
Also hab ich zwei Streben, ein Stück Holzfaserplatte und ein Reststück Plexiglas zurechtgesägt…
Und alles miteinander verschraubt.
Schnell ein Stück Blech zurechtgebogen und ein paar Löcher reingebohrt und 40% Strahlgutreinigungsschornstein sind fertig.
Und da verließen sie ihn…
Um das Ding weiter zu bauen hätte ich noch mal in den Baumarkt (Rohrstück zum Aufstecken des Staubsaugers) und in den Haushaltswarenladen (Teesieb und "Haushaltsraffel" – selbst eine Suche bei Google-Bilder konnte mir nicht verraten, was das ist???). Zack war die Spontaneität verflogen und ich bin erst mal nach Hause, um mir schnell ein paar Happen Abendbrot und Eure ersten Tipps reinzuziehen.
Als ich ne Stunde später wieder in die Garage komme bin ich geläutert und weiß, dass ich den Korund nicht zwingend reinigen muss.
Mit dreckigem Korund stahlt es sich laut einiger Eurer Aussagen scheinbar ähnlich gut wie mit sauberem. Und zwar so lange, bis der Korund völlig Stumpf und abgewetzt ist und nur noch Staub übrig bleibt.
Also wird das ganze Zeug oben in der Kabine mit dem Rechen und dem Handbesen aufs Gitter geschoben, bis der Trichter (fast) bis oben hin voll ist.
Bevor ich ihn auf mache zieh ich mir vorsichtshalber noch Handschuhe an und eine Staubmaske auf.
Auf den Trichter und raus mit dem Zeug.
In der Tat ist der Staub-Anteil schon ganz schön hoch aber nach einigem Durchmengen erkennt man auch wieder die schwarzen Korund-Anteile.
Zuerst versuche ich noch, das Zeug in den Korund-Behälter umzufüllen. Das staubt so ungemein, dass ich schnell davon absehe und einfach das Ende vom Schlauch mit dem daran fixierten "Ansaugstab" in den Eimer stecke.
Und das klappt wunderbar. Das fetzt ja richtig! Habe den Eindruck, dass der verstaubte Korund viel besser strahlt, als der saubere…
Wie dem auch sei. Nach knapp 2 bis 2,5 Stunden bin ich mit dem Strahlen der Teile fertig.
Die Teile vom letzten Mal hab ich heute noch mal gestrahlt.
Jetzt aber zum Problem. Ich wollte es lange vor Euch geheim halten, aber ich habe ein Problem, dass mich heute eingeholt hat.
Ich bin FARBENBLIND. Naja, nicht so richtig komplett, man nennt es "farbschwach" oder rot-grün-Schwäche, aber ROT gehört definitiv zu den Farbtönen, die ich, insbesondere in leichten Schattierungen nicht wahrnehme und nicht von grün, grau, braun und Dreck unterscheiden kann.
Das bedeutet, dass ich zwar die Teile jetzt alle schön gesandstrahlt habe und gleich auch füllern werde, dabei aber nicht weiß, ob tatsächlich das letzte Fünkchen Rost auch weg ist.
Wie schon gesagt ist Tag 75 am letzten Montag passiert, sodass ich Eure ganzen Tipps und Ratschläge hier gar nicht befolgen konnte. Weil ich sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte.
Nen bisschen was an Dreck und dunkleren Stellen hab ich auf den Teilen schon noch gesehen, aber es sah nichts so richtig wie Rost aus.
Wenn Ihr auf das Photo unten klickt, bekommt ihr eine Vergrößerung davon zu sehen. Vielleicht könnt ihr ja mal drauf schauen, ob es da noch irgendwo wie Rost aussieht, und mir gehörig die Laune verderben.
Wenn nämlich "Ja" hab ich die Wahl zwischen nochmal Sandstrahlen oder Warten, bis der Rost wieder durchkommt….
Nngrrmph!
Aber egal. Ich WILL heute endlich die Lackierpistole ausprobieren. Da nehm ich alles in Kauf – auch wenn ich mich später um so mehr ärgere.
Aus dem Baumarkt hatte ich starken Draht besorgt, von dem ich jetzt festgestellt hab, dass er zwar dick, aber nicht "stark" ist. Der ist fast biegsam wie Lötzinn.
Also muss Schweißdraht her. Der ist zwar dünner aber viel stärker.
Und ich hab genug davon da…
Alle Kleinteile werden am Garagendach aufgehängt. Die anderen werden auf dem Bohr-Arbeitstisch und den Standböcken "drappiert".
Bevor es an die Hantiererei mit Lackierpistole und den zugehörigen "Chemikalien" geht, muss ich mich erstmal noch durch einige Beschreibungen, Anleitungen und Spezifikationen "fräsen". Insbesondere Eure Kommentare von Tag 73 und eine Anleitung von www.autoschrauber.de helfen dabei ungemein.
Und los geht's. Mann, bin ich aufgeregt.
Mischbehälter, Füller, Härter, Verdünnung, Filter, Lackierpistole, Reinigungsverdünner, Lappen, Latex-Handschuhe und die Atemschutzmaske werden bereit gestellt.
Füller, Härter und Verdünnung werden im Verhältnis 4 zu 1 zu 1 zusammengemischt. Mit den Beschriftungen auf den Mischbechern komme ich nicht klar. Kriege nicht zusammengereimt, wie das funktioniert.
Außerdem weiß ich nicht annähernd, wie viel von dem Zeug ich insgesamt für meine paar Bauteile brauche. Huiuiui…. Ich schleudere.
Um nicht auch noch groß rumzurechnen nehm ich 200ml Füller und gieße dann 2x50ml Härter und Grundierung oben drauf.
Das ganze wird ordentlich mit einem langen Nagel (hatte nix anderes greifbar) durchgerührt und dann durch einen Filter in den Mischbecher der Pistole gegeben.
Es dauert ein Weilchen, bis es endlich durchgelaufen ist aber dann geht es los.
Am Tischbrett des am Anfang des Experiments gekauften und inzwischen als völlig untauglich ausgemusterten Ikea-Tischchens, mache ich die ersten Spritzversuche und stelle die Pistole so ein, wie ich glaube, dass es richtig ist.
Vorne an der Düse kann man einstellen, ob man einen horizontalen oder vertikalen Strahl bekommt.
Unterhalb des nennen wir es mal "Laufs" ist eine Schraube, über die man die Strahlbreite einstellen kann. Ich entscheide mich für eine relativ schmale Breite (siehe ca. Mitte des Tisches). Hinten an der Pistole kann man schließlich noch die Luftmenge einstellen. Ich wähle eine relativ kleine.
So, und los geht's.
PFFFFT. PFFFFT. PFFFT. PFFFFFT. PFFFFT. PFFFFT. PFFFT. PFFFFFT. PFFFFT. PFFFFT. PFFFT. PFFFFFT. PFFFFT. PFFFFT. PFFFT. PFFFFFT.
So gleichmäßig wie ich's schaffe werden erstmal die hängenden Teile abgeduscht.
Dann sind die liegenden an der Reihe.
Alles erstmal von der einen und dann, ca. 20 Minuten später von der anderen Seite.
Hammer.
Abgesehen, dass das einen höllischen Spaß macht, ist das Ergebnis der absolute Hammer.
Keine Nasen, super gleichmäßige Oberflächen. Ich raste aus! Das könnte ich den ganzen Tag machen.
Wieder eine Premiere erfolgreich überstanden. Ich freue mich total (auch wenn diese Freude vom schlechten Gewissen über mögliche Rost-Reste die ganze Woche dann erheblich gemindert wurde und mich bis in meine Träume verfolgt hat…).
Vom Füller ist noch einiges Übrig und ich weiß nicht so richtig, wohin damit? Hält das angemischte Zeug seine Viskosität, wenn man es luftdicht wegpackt?
Einen Versuch ist es wert und ich gieße die übrig gebliebene Mischung in einen von den Einweg Mischbechern von SATA, die man gleich auf die Pistole draufschrauben kann. Die kann man luftdicht abschließen und einlagern. So deute ich zumindest eines der Bilder in der Beschreibung. Mal schaun, ob das was gibt.
Bevor es in den Feierabend geht mach ich noch schnell die Pistole sauber.
Erst fülle ich Verdünner in den leeren Becher, halte vorne die Düse zu und betätige den Abzug. Der Druck, der vorne nicht raus kann, entweicht durch den Becher und sprudelt mir mit der Lösung die ganzen groben Füllerreste von innen aus der Pistole mit raus. Verdünner samt Füllerresten werden weggeschüttet. Dafür habe ich mir extra einen leeren Farbeimer gekauft, in dem ich alle Reste auffange, um sie irgendwann zu entsorgen.
Den Sprudel-Vorgang wiederhole ich noch zwei Mal und wische jedes Mal den Mischbecher oben auf der Pistole aus. Dann fülle ich ein letzte Mal Verdünnung ein und versprühe sie auf dem Ikea-Tischchen, bis keine Farbe mehr mit rauskommt. Nun schraube ich den Düsenkopf und die Düse vorne auf der Pistole ab und Pinsel sie mit Verdünnung in einem Gläschen ab, bis wirklich kein Rest Füller mehr dran ist.
Was für eine Zeremonie!
Aber jetzt ist die Süße auch wieder blitzeblank und ich hab beim nächsten Mal nicht den Ärger erst alte Reste entfernen zu müssen.
Leider war ich heute so busy (und aufgeregt), dass ich nicht so viele Photos von den einzelnen Schritten machen konnte. Außerdem hat meine Camera durch den ganzen Staub und das Öl schon so gelitten, dass ich jetzt nicht auch noch mit Füller-verklebten Händen daran rumfummeln muss…. ;-)
Insgesamt habe ich heute noch einiges gelernt.
1. Nie ohne Atemschutzmaske im geschlossenem Raum lackieren. Hab das Ding heute mal kurz abgesetzt. Holla Holla. Da kommt einem aber ein ordentlicher Schwall entgegen…
2. In der Garage lackieren, wo ein Haufen Zeug rumsteht ist doof. Bin anschließend mit nem mit Verdünner angefeuchteten Lappen rumgelaufen und hab erstmal Schweißgerät, Bohrer und andere Teile von der dünnen Füller-Nebelschicht befreit, bevor die trocknet und die ganze Garage im Airbrush-Look erstrahlt.
3. Lackieren macht Bock und der Füller härtet nicht so schnell, wie ich gedacht habe. Dachte, wenn ich ihn in der Pistole hab muss das Zeug binnen Minuten raus, weil es sonst in Becher und Pistole steinhart wird.
4. Und sonst habe ich bestimmt auch noch einiges gelernt, aber jetzt muss ich wirklich los!
Liebe Grüße
Tsu.