Montag, 10. November 2008

Tag 174: Schwarzarbeit

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Hallo und einen wunderschönen guten Morgen!

Ist es nicht schön, dass es endlich mal wieder eine Landcruiser Experiment Folge gibt, die Montags morgens schon online ist und nicht im Laufe des Tages, oder gar erst am Dienstag eingestellt wird?

Auch ich freue mich, mal wieder pünktlich zu "liefern", denn so endet zwar der Sonntag etwas stressig, aber dafür beginnt die neue Woche wenigstens ein kleines bisschen stressfreier.

Was aber nicht bedeutet, dass hier im Hause langsam Ruhe einkehrt. Noch genau drei Wochen liegen vor mir, die beruflich so eine Mischung aus Tsunami, Wolkenbruch, Achterbahn, Orkan, Streckentauchen und die letzten Kilometer vom Marathon sein werden. Alles mit dem Ziel vor Augen, das Jahr Anfang Dezember vernünftig abzuschließen, um dann den zweiten Sohnemann würdig in Empfang zu nehmen. Und da ich noch 25 Tage Restaurlaub aufm Konto habe, werden diese dann im Dezember fast komplett verbraten. Daumen drücken, dass ich in dieser Zeit auch in die Werkstatt komme.

Aber auch im Experiment soll das Jahr mit ein paar echten Resultaten abgeschlossen werden. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon zwei fertige Achsen mit neuen Felgen auf neuen Reifen vor mir stehen und einen Leiterrahmen, der nicht mehr an der Wand lehnt, sondern schon in Bearbeitungsposition gebracht wurde.

Das aber zunächst nur vor dem geistigen Auge. Vor meinen blutunterlaufenen, brennenden müden Augen sehe ich erstmal nur die Arbeit, die bis dahin noch vor uns liegt.

Aber es gibt auch Dinge, die meine Augen und mein Hirn beruhigen.

So zum Beispiel Werkzeug zum Nulltarif.

Diese Fettpresse hatte ich damals vom Vorbesitzer mit zum Wagen dazubekommen. Schon verloren geglaubt habe ich sie diese Woche beim Ausräumen des Kellers unserer alten Wohnung unter jeder Menge Plörre wieder gefunden.

Schön, auch mal was NICHT kaufen zu müssen. Das Ding werde ich aber definitiv noch ordentlich gebrauchen können.




Was auch richtig angenehm ist, ist der Blick in eine piekefein aufgeräumte Werkstatt.




Den ganzen Schrauben- und sonstigen Kleinkram hab ich neulich abends, als ich kurz in der Werkstatt war und keine Camera dabei hatte, mal schön zusammengeräumt, jede Menge leerer Kartons weggeschmissen und auch sonst mal ein kleines bisschen den Kehraus gemacht.




So warten eigentlich lediglich noch die ganzen Vorderachsteile darauf, endlich montiert zu werden.




Allerdings gibt es, und ich erinnere an unsere Diskussion von letzter Woche, auch noch ein kleines Demontageproblem.

Beim Einsetzen der neuen Lagerschalen für die Achswellenlager, hatte ich die alte Lagerschale, die als Einschlaghilfe für die neue dienen sollte, zu weit mit eingeschlagen, sodass die sich festgesetzt hatte und mit konventionellen Mitteln nicht mehr zu bewegen war.




Neben den online Kommentaren zur Lösung des Problems hat mir JüLa vergangene Woche eine Mail mit Zeichnungen geschickt, die mich annähernd an die Skizzen Leonardo da Vinci's erinnert haben.




Und nicht nur, weil sie mir eine Gelegenheit liefern, mal wieder Basiswerkzeuge einzusetzen, wird der skizzierte Weg zum Weg der Wahl.




Mit der Flex schneide ich aus einem Stück dickerem Blech ein Dreieck.




Und zwar eins, in dem jede Kante die Lände des Durchmessers der stecken gebliebenen Lagerschale...




...minus 1 bis 2 Millimeter hat.




Dieses Dreieck lässt sich ohne großes Gefriemel...




...durch die Öffnung der verkehrt herum eingesetzten Lagerschale...




...einsetzen und unterhalb des kleineren Innendurchmessers am größeren Innendurchmesser (mann ist das schwer zu formulieren) festkanten.




Ab umgekehrtherum in den Schraubstock mit dem Achsendteil, von oben nen Rohr als Treiber auf das Dreieck angesetzt...




Zwei Schläge mit dem Vorschlaghammer, und die Lagerschale ist draußen.

Hört sich kompliziert an? Dann aber nur wegen meiner Formulierungsschwierigkeiten. Das war Hammer-einfach und genial.

JüLa! Fünf Sterne für diesen Tipp! Nachmachen sehr empfohlen.




Und das was am Ende übrig bleibt könnte gut als Logo für eine Sekte oder Ähnliches taugen. Schrauber-Illuminati oder Freischrauber oder so...




Gut. Einen Punkt hätten wir abgehakt.

Nächstes.

Vorige Woche hatte ich die offene Frage in die Rund gestellt, ob ich mit den ganzen Vorderachs-Schrauben genau so verfahren sollte, wie mit denen von der Hinterachse, nämlich: "Restaurieren" oder nicht?

Da diese Frage von keinem von Euch aufgegriffen wurde, musste ich sie mir jetzt selbst beantworten.

Und mit meiner Antwort ist eine weit reichende Grundsatzentscheidung gefallen:

AN DIESEM WAGEN WIRD JEDE (!) EINZELNE SCHRAUBE RESTAURIERT. KEINE KOMPROMISSE. KEINE ENTSCHULDIGUNGEN.

So. Das habt Ihr jetzt davon. Zumindest gebe ich Euch ja zwischendurch die Chance, den Wahnsinn hier zumindest ein kleines bisschen einzudämmen.

Ihr seid ja schon ganz schön rücksichtslos. Denn es ist ja nicht so, dass das keine zusätzliche Arbeit macht.




Aber zum Glück habe ich hier ja ein paar gute Freunde, die mir bei der Arbeit helfen. Fedox und Fertan.

Während ich die letzte Fuhre Schrauben noch gesandstrahlt und dann erst phosphatiert hatte, versuche ich es für die zweite Fuhre gleich mit der chemischen Keule.




Zunächst bade ich die Schrauben für rund zwei Stunden in einer Mischung aus 10 Teilen Fedox und 90 Teilen Wasser. Da Fedox einigermaßen vernünftige Temperaturen zum Reagieren braucht, führe ich die Aktion im Kochtopf auf der Herdplatte durch.

Nach dem Fedox-Bad habe ich die Schrauben mit Wasser abgespült, um ihnen gleich darauf eine Fertan-Dusche zu verpassen.

Was ich leider auch nicht auf Photo festgehalten habe: Nach dem Fedox-Bad waren die Schrauben nahezu komplett blank. Kein Rost, keine Lackreste, kein Fett mehr. Sehr abgefahren!




Zwei Tage später und nach einem weiteren Wasserbad sah das Ganze dann so aus (siehe nächstes Bild).

Sieht von der Ferne betrachtet ja schon ganz vernünftig aus, aber bei genauer Betrachtung sind die Oberflächen nicht annähernd so gleichmäßig wie nach dem Phosphatierungsprozess und unbehandelt sind die fertanisierten Oberflächen auch nicht so korrosionsgeschützt, wie nach der Phosphatierung.

Also sind wir mit der Behandlung noch nicht fertig.




Schreiten wir weiter zur Phosphatierung.

In den Unterlagen des Herstellers steht, dass man für den Phosphatierungsprozess im Optimalfall rund 20 Grad Celsius Umgebungstemperatur benötigt.

Die Außentemperatur beträgt derzeit rund 12 Grad. Wie kalt es in der Werkstatt ist weiss ich nicht. Aber bestimmt nicht viel wärmer als 12 Grad.

Zum Glück kommt mir mein Vermieter mit seinem unendlichen Fundus zu Hilfe, der mir eine Heizkanone ausleiht.




Mit der bringe ich nicht nur die Außentemperatur, sondern gleich auch die Phosphatierungsflüssigkeiten auf die gewünschte Gradzahl. Binnen Minuten.

Mit der Kanone freue ich mich regelrecht auf den Winter. Nach ein paar Minuten Bollerei kann man glatt im T-Shirt weiterarbeiten.

Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Temperaturprobleme und Heizungstests von damals in der Wellblechgarage?! Das Ding hier ist mal definitiv eine neue Leistungsklasse. Mit den ganzen Gas- oder strombetriebenen Öfen nicht annähernd zu vergleichen. Und bei Ebay, wie ich heute gesehen habe, gar nicht so teuer. Aber wahrscheinlich nur, so lange der Winter noch nicht richtig angefangen hat.




Man bekommt ja so nach und nach Übung in den ganzen Dingen und so ist das Setting binnen Minuten vorbereitet.




Ab mit den Schrauben in den alkalischen Entfetter.




Nochmal aus der Satellitenperspektive:




Gut ne Stunde später sind die Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben etc. fertig.

Und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Genau wie mit der Sandstrahlmethode. Piekefein phosphatierte Schrauben. Wie neu. Nur schicke. Pechschwarz. So wie's sein soll.






Zum Durchtrocknen packe ich die Schrauben in einen Lackbecher und nehm sie mit nach Hause. Möchte das gute Ergebnis jetzt nicht dadurch versauen, dass die Dinger hier in der nächtlichen Kälte nicht richtig durchtrocknen.

Aber zufrieden bin ich mit dem bisherigen Ergebnis schon allemal.



So zufrieden, dass ich mir gleich das nächste Thema anschaue, was im Rahmen der Vorbereitung der Vorderachsmontage noch auf dem Weg liegt.

Einige der Distanzscheiben die man an einer bestimmten Stelle an der Vorderachse braucht, sind hinüber. Leider sind die Stärken der Scheiben nicht mehr zu erkennen und auch die Ersatzscheiben weisen keine Stärkenvermerke auf.

Also müssen wir messen. Hier verzichte ich darauf, den Vermieter zu Rate zu ziehen, sondern bastel meine eigene Distanzmesseinheit.

Dazu spanne ich einen Dorn in den Schraubstock, setze den Magnetfuß meiner Messuhr auf den Schraubstock, setze die Uhr ein, richte das Ganze aus und...




... Messe.



Das klappt wunderbar und ich stelle fest, dass ich die beiden kaputten Distanzscheiben durch drei gleichdicke Ersatzscheiben tauschen kann.

Hätte nicht gedacht, dass ich hier so schnell zu einem Ergebnis komme.




Wie es aussieht, sind wir also fast so weit, dass wir die Montage der Vorderachse beginnen können.

Muss nur diese Wochen noch schnell bei Toyota bestellte Schrauben abholen und hoffen, dass das schon vorige Woche bestellte Fett ankommt. Das ist nämlich immer noch nicht da. Zur Not muss ich das Zeug halt irgendwo anders besorgen.





Ich weiss nicht, wie es euch geht?

Aber ich habe den Eindruck, dass ich hier zwar langsam, aber dennoch stetig voran komme.

Freu mich auf nächste Woche. Ike und Markus wollten vorbei kommen, wenn ich mir die Vorderachse vorknöpfe. Und vielleicht ist die Videokamera dann auch mal wieder dabei... ;-)

Bis dahin wünsche ich Euch eine erfolgreiche Woche!

Tsuppari

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